17 Apr. Tag 17
Ach, das war ein schöner Wintertag. Eine neugierig machender Vorgeschmack auf die kalte Jahreszeit, auf die wir uns in den kommenden Monaten freuen dürfen. Das Holz für den Kamin im Wohnzimmer habe ich schon gesammelt, nachher werde ich ein gemütlich wärmendes Feuer entfachen.
Gut. Genug vom Wetter geschrieben. Zurück zum heutigen Tag (bevor mir die Finger einfrieren).
Heute stand historische Literatur bzw. literarische Historie im Mittelpunkt, denn ich besuchte das Jane Austen House. Für acht Jahre die Wirkungsstätte ebendieser Autorin.
Bis Jane Austen nach Chawton kam, war ihre Wohnsituation recht abwechslungsreich, wenn man das mal nett ausdrücken möchte. Nach dem Tod ihres Vaters wurde es mit den Finanzen eng, sodass sie, ihre Schwester und Mutter entweder für längere Zeit bei Verwandten lebten oder sich in günstigen Unterkünften einmieteten. So lange eben, bis ihr Bruder Edward dem Trio das Haus in Chawton anbot.
Hier war das Leben dann so organisiert, dass Jane Austen relativ wenig Hausarbeit machen musste (sie kümmerte sich um das Frühstück und um die Wein- und Zuckervorräte), damit sie sich auf das Schreiben konzentrieren konnte. Den Rest der anfallenden Arbeiten und Aufgaben übernahmen die anderen beiden Frauen.
Im Inneren ist leider fast nichts Originales mehr erhalten.
Die Tapeten im Haus wurden den originalen historischen Vorbildern nachgedruckt, die man in einigen versteckten Winkeln der jeweiligen Zimmer noch fand (s. Beispiele unten)
Ein paar Objekte aus dem Austen’schen Haushalt fanden allerdings ihren Weg wieder zurück in Jane Austens Dunstkreis. Stühle, der Sekretär ihres Vaters, ihr Tuch, eine Patchworkdecke, an der sie zusammen mit ihrer Mutter und Schwester arbeitete und, wir atmen einmal lang und tief ein, setzen uns, atmen aus und gucken verklärt: der Originaltisch, an dem sie ihre Romane schrieb. Seine Größe überraschte mich.
Ein wahrlich bezauberndes Haus und Ambiente. Besonders apart fand ich das Angebot, sich in dem Zimmer, in dem Miss Austen zum ersten Mal aus ihrem frischgedruckten Buch ‚Pride and Prejudice‘ vorlas, auf ein Sofa setzen zu dürfen, um in einem bereitliegenden Exemplar dieses Buches zu blättern (ein Angebot, von dem ich gerne Gebrauch machte. Ich sollte ihre Bücher mal wieder lesen. Es ist schon wieder viel zu lange her.)
Jane Austen schreib mehr oder weniger all ihre Bücher in diesem Haus. Bzw. überarbeitete hier frühere Versionen von ‚Sense and Sensibility‘ und ‚Pride and Prejudice‘. Es wird daher davon ausgegangen, dass viele der Eindrücke, die sie vom Leben an diesem Ort, in diesem Haus sammelte, in ihre Bücher Einfluss fanden.
Im Chawton House (s. Tag 14) wird immer mal wieder auf mögliche Parallelen zwischen ihren literarischen Darstellungen und realen Gegebenheiten hingewiesen. Auch deswegen ist es sicherlich spannend, die Bücher nochmal zu lesen und mutig zu raten, ob die Gegend sie inspiriert hat oder nicht.
Für mich war das Haus auf jeden Fall einen Besuch wert! Um einen Einblick in das häusliche Leben der damaligen Zeit zu bekommen, ist es ein wunderbarer Anfang. Auch wenn die Ausstellung vermutlich geschönt und glattgebügelt ist, ist sie trotzdem eine charmante Einladung, sich doch einmal wieder mit ihren Büchern zu beschäftigen.
🥳 Fun fact (jetzt sind es schon drei. Was ist denn los? 🤓):
* Tapeten waren ein Zeichen von Reichtum, da zu Jane Austens Zeit eine Tapetensteuer erhoben wurde.
* Jane Austen mochte den zukünftigen George IV überhaupt nicht und fand seinen Lebensstil abstoßend. Das half ihr aber nichts, da er scheinbar ein großer Fan von ihr war. So kam sie nicht drumherum, ihm ihr Buch ‚Emma‘ zu widmen. Das tat sie überzeugend freudlos.
* Wie ich heute lernte, wurden die Bücher Jane Austens während des ersten und zweiten Weltkriegs den Soldaten an der Front zur Lektüre und generellen moralischen Erbauung geschickt. Eine ungewöhnliche Wahl, wie ich finde. Jane Austen hätte ich jetzt nicht unbedingt als Frontliteratur eingeordnet.










